Die Angst vor einem Comeback der Inflation und damit weiter steigenden Kapitalmarkt-Zinsen bremst den US-Leitindex S&P 500 aus.
Quick schon idealtypisch für Investoren von S&P 500: die erneute und (bisher) noch kleine Dürrezeit an den Börsen. Kaum verwunderlich, nach einem der stärksten ersten Halbjahreshälften in den letzten Jahrzehnten, in dem die großen Indizes zwischen 20 und 40 Prozent geklettert waren.
Aber an den Kapitalmärkten und in der Wirtschaft vollzieht sich derzeit Seltsames. Geradezu philosophisch hatte dies Fed-Chef Jerome Powell bei seinen Aussagen bei der Notenbanker-Konferenz in Jackson Gap beschrieben: „Wir navigieren nach den Sternen bei bewölktem Himmel!“
Oder umformuliert: Wir tappen etwas im Dunkeln, was sich anhand der letzten Konjunkturentwicklung auch ein wenig bewahrheitet hat. Denn einige Wachstumsparameter zeigen nach oben, aber vor allen Dingen die letzten Daten zur Inflaation, so dass Viele mit noch steigenden und noch länger hoch bleibenden Zinsen ausgehen.
Könnten hier aber nicht Zweifel aufkommen nach dem stärksten und schnellsten Zinsanstieg bei einer mit über 102 Billionen Greenback rekordverschuldeten US-Gemeinschaft? Zunächst ein kleiner Rückblick auf die vergangenen Handelswoche.
S&P 500: Inflation – kommen noch Zinsanhebungen?
Verkehrte Welt für Anleger im Leitindex S&P 500. Während man sich in den USA Sorgen darüber macht, dass die Federal Reserve die Zinsen doch noch einmal anheben muss, da die Konjunktur stärker wächst als erwartet, stürzen in Europa die Einkaufsmanagerindizes regelrecht ab. Jetzt auch im Dienstleistungssektor – PMI Europa mit gesamt 46,7 Punkte und unterhalb der Kontraktionsschwelle von 50.
Weil die Inflation in beiden Kontinenten gleichzeitig hoch bleibt, oder sogar schon wieder im Steigen begriffen ist. Deshalb bleibt die Nervosität an den Märkten hoch, zumindest bis zum nächsten Datum mit der Veröffentlichung der neuesten Verbraucherpreise in den USA am 13. September.
Die entscheidenden Determinanten für die Aktienmärkte bleiben aber die Kapitalmarkt-Zinsen. Denn das ist die natürliche Konkurrenz für die Dividendentitel und dies nicht erst seit einem Jahr. Aber erst das Überschreiten der Rendite der überaus bedeutsamen zehnjährigen US-Staatsanleihen über das Ausbruchsniveau von 4,37 % würde die Aktienindizes höchstwahrscheinlich in den Keller schicken. Wenn sich das KGV des „risikolosen“ Anleihemarktes in seiner Benchmark dem des „risikobehafteten“ S&P 500 annähern würde.
Aber würde eine weitere Zinsanhebung nicht nur das Finanzsystem in den USA gewaltig belasten (Bankenkrise bei Geldmarktfonds-Renditen von über 5,5 %)? Für die Bekämpfung der Inflation würde das Ganze nichts mehr bringen. Hierzu später mehr.
Übrigens ist die Annahme, dass die Aktienmärkte auf Senkungen der Zinsen hoffen, damit sie wieder steigen können, irrig. Wie der historische Chart aus einem Tweet von Lance Robert aufzeigt, ist der S&P 500 bei Zinsanhebungen der Fed regelmäßig gestiegen. Die erste Zinssenkung hingegen läutete hingegen heftige Kursverluste ein, weil dies stets mit dem Auftreten einer Rezession in zeitlichem Zusammenhang geschah.
Warum die Märkte jetzt nachgeben, hat aus meiner Sicht mit der Angst vor weiter steigenden Renditen zu tun und nicht mit der zeitlich verschobenen Hoffnung auf Zinssenkungen:
Die Aktienindizes S&P 500, Nasdaq und Dax 40 jedenfalls, korrigieren im Monat September in Trippelschritten, quick schon wie zu Beginn des Monats August.
Die Gemengelage – Abschwächung der Weltwirtschaft (China, Europa, Deutschland), steigende Energiepreise und derzeit world steigende Inflation – bescheren eine Nachrichtenlage, die geeignet ist, um Luft aus den gestiegenen Aktienbewertungen abzulassen, insbesondere bei den Techwerten im Nasdaq.
Hier der Future auf den S&P 500:
Die Freitagsschlusskurse:
Der Wochenschluss brachte sehr gering abweichende Schlusskurse in allen Indizes.
Dow Jones: plus 0,22 Prozent, 34.577 Punkte, Vorwoche 34.837 Punkte
S&P 500: plus 0,14 Prozent, 4457 Punkte, Vorwoche 4515 Punkte
Nasdaq Composite: plus 0,09 Prozent, 13.761 Punkte, Vorwoche 14.031 Punkte
Russell 2000: minus 0,23 Prozent, 1851 Punkte, Vorwoche 1920 Punkte
Dax 40: plus 0,1 Prozent 15.740 Punkte, Vorwoche 15.840 Punkte
Volatilitätsindex VIX: 13,88 Punkte, minus 3,61 Prozent, Vorwoche 13,08 Punkte
10-jährige US-Staatsanleihe: 4,256 Prozent, Vorwoche 4,179 Prozent
2-jährige US-Staatsanleihe: 4,986 Prozent, Vorwoche 4,874 Prozent
Die US-Indizes beendeten die Handelswoche allesamt mit Abschlägen.
Dow Jones, minus 0,74 Prozent – S&P 500, minus 1,29 Prozent – Nasdaq Composite, minus 1,93 Prozent – Russell 2000, minus 3,61 Prozent.
Der deutsche Leitindex verbuchte ein Minus von 0,70 Prozent.
Bemerkenswert auch die Wochenverluste bei den Tech-Highflyern Apple und Nvidia, die beide im Wochenverlauf sechs Prozent abgaben. Eigentlich noch sehr moderat, angesichts der Nachrichtenlage um die beiden billionenschweren Titel.
US-Geldpolitik: Der Kampf gegen Inflation in den USA und deren initiale Ursachen
Hier noch einmal ein paar Gedanken zur Entstehung der Inflation in USA, weil diese auch darauf hinweisen, wie sie endgültig in den Griff gebracht werden kann.
Lance Roberts hat es in einer Analyse wunderbar auf den Punkt gebracht: Wie entstand die jüngste Welle der Inflation in den USA? Zunächst bezieht er sich auf Milton Friedman, der einmal feststellte, dass Unternehmen keine Inflation verursachen. Es seien die Regierungen, die die Inflation beförderten, indem sie Geld drucken.
Das Paradebeispiel dafür sind die extremen staatlichen Maßnahmen in den Jahren 2020 und 2021. Hier kam es zu einem wahren Geldregen für die Haushalte (u.a. Helikopterschecks), Kapital, welches dann Nachfrage erzeugte, welche auf ein vermindertes Angebot traf, infolge des wirtschaftlichen Stillstands bei Corona.
Lance Roberts versucht die Beweisführung für diese These über folgenden Fragenkatalog:
– Wer hatte die Macht, die gesamte Wirtschaft lahmzulegen und alle Menschen mit einer angstgetriebenen Kampagne zum Zuhausebleiben zu zwingen? Warfare es der Krieg, die Unternehmen oder die Regierung?
– Wer hat dann Milliarden Greenback an Konjunkturschecks direkt an die Haushalte verteilt, die diese ausgeben wollten, obwohl kein Angebot produziert werden konnte? Waren das Unternehmen? Russland? Oder conflict es die Regierung?
– Wer hat die Emission von Billionen Greenback an Schulden unterstützt, um diese Konjunkturpakete zu finanzieren und gleichzeitig die Zinsen niedrig zu halten? Wer conflict das? Die Fed, Russland oder die Unternehmen?
– Waren es die Unternehmen, die einen Zahlungsaufschub für Studentendarlehen, Mieten und Hypothekenzahlungen verordneten und damit den Menschen noch mehr Geld zum Ausgeben gaben? Oder conflict es die Regierung?
Die Schlussfolgerung: Der Inflationsschub hatte in erster Linie mit den Maßnahmen der Federal Reserve und der US-Regierung zu tun. Zu viel Geld jagte nach zu wenig Waren und Dienstleistungen.
Kein Zufall: Die Fed-Bilanz verdoppelte sich von 4 auf 8 Billionen Greenback.
Fed-Chef Powell muss die initiale Ursache der Inflation kennen, die Fed ist aber Teil des politischen Techniques. Er wird in seinen Statements die Regierung schonen und psychologisch versuchen, die Stimmung zu kontrollieren. Er muss möglichst hawkish herüberkommen, um die Inflationserwartungen der Bürger einzudämmen.
Roberts weiter: Powell weiß, dass die weitere Inflationsentwicklung nicht mehr von den den weiteren Entsheidungen übee die Zinsen beeinflusst werden kann. Die Geldpolitik arbeitet mit langen Verzögerungen.
Was hilft es, wenn die Geldpolitik bremst – über Zinsen und Begrenzung der Geldmenge, der Staat aber über riesige Konjunkturprogramme (Infrastructure, Inflation Reduction Act, CHIPs Act) wieder Geld ins System spült, welches wieder in die Wirtschaft gelangt.
Das Dilemma der Fed:
Da die Verbraucher aufgrund höherer Zinssen, strengerer Kreditvergabestandards und eines sich verlangsamenden Wirtschaftswachstums unter Druck stehen, steigt das Risiko, zu viel zu tun. „Seit 1980 ist die Finanzlandschaft mit den Kadavern geldpolitischer Fehleinschätzungen übersät“, so Roberts.
Hier eine Langzeitübersicht über das Wechselspiel von Zinsen und Konjunktur:
Ergo: Dieses Mal ist sehr wahrscheinlich nicht alles anders. Die excessive Schuldenlast und die in Rekordzeit gestiegenen Zinsen werden durch die Finanzmathematik und haushalterische Aspekte dafür sorgen, dass es im nächsten Jahr kein „longer for greater“ geben kann. Die Konsequenzen wären zu dramatisch – gesellschaftlich, wirtschaftlich, aber auch politisch (Präsidentschaftswahlen 2024).
S&P 500: Stehen die USA wirtschaftlich wirklich vor einem neuen Aufschwung?
Derzeit sind viele Investoren im S&P 500 ziemlich überrascht von den Wirtschaftszahlen, die vor allem für das dritte Quartal 2023 erwartet werden (GDPnow 5,6 Prozent). In dieser Woche noch bestätigt durch den Einkaufsmanagerindex für den Dienstleistungssektor, der mit 54,5 Punkten erheblich stärker als erwartet (52,5) gemeldet wurde.
Weil damit sofort wieder weiter bremsende Maßnahmen vonseiten der US-Geldpolitik erwartet wurden.
Aber wie oben bereits dargelegt, wäre dies der seltsamste Wirtschaftsaufschwung in den USA seit vielen Jahrzehnten, wegen folgender Konditionalitäten. Eine kurze Zusammenfassung:
– Die Weltwirtschaft, von China bis Deutschland, befindet sich im Abwärtstrend. Etwas, wovon sich auch die USA nicht abkoppeln können.
– Die US-Notenbank hat den schnellsten Zinszyklus aller Zeiten vollzogen, 525 Basispunkte in nur 16 Monaten und gleichzeitig ist das Land mit 102,5 Billionen Greenback und der Staat mit 32,9 Billionen Greenback verschuldet. Mit Anleihenschulden, die nach und nach erneuert werden müssen, zu wesentlich höheren Zinsen, acht Billionen Greenback allein 2023/2024. Hinzu kommen Neuschulden von 1,5 Billionen Greenback in den nächsten Wochen. Die Zinslast für den Staat wird dabei bald die Grenze von 1000 Milliarden Greenback überschreiten.
– Die USA haben schon jetzt ein Haushaltsdefizit von 14 Prozent, gleichzeitig sind die Steuereinnahmen aber um 7 Prozent gesunken.
– Die Geldmenge M1 schrumpft so stark wie seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr, fünf Prozent in den USA, acht Prozent in Europa. Ohne Ausweitung der Geldmenge keine größere Investitionen der Unternehmen.
– Die inversen Zinskurven und die Frühindikatoren LEI kündigen seit Monaten eine Rezession in den USA an.
– Die Helikopterschecks in Höhe von zwei Billionen Greenback sollen in diesem Herbst aufgebraucht sein.
– Der Konsument ist mit Kreditkartenschulden und Zinsen von über 20 Prozent extrem belastet, bei einer Schuldenlast von über einer Billion Greenback.
– 50 Prozent aller Banken haben die Kreditkonditionen bereits verschärft, die Kreditvergabe wird zurückgehen.
– Ab Oktober müssen 40 Millionen ehemalige Studenten ihre Kredite wieder zurückzahlen, mehrere hundert Greenback professional Monat.
– Die Ausgabenpolitik der USA verursacht derart viele Anleiheemissionen, dass die langfristigen Zinsen hoch bleiben müssen, wenn die Federal Reserve zusätzlich noch die Altanleihen auslaufen lässt.
Daraus ergibt sich die große Frage: Woher sollen die US-Konsumenten das Kapital beziehen, welche sie benötigen, um ihren 70 Prozent Anteil am US-BIP (über 17 Billionen Greenback) künftig aufrechtzuerhalten?
Aber gleichzeitig ergibt sich das Rätsel, wer die Inflation dauerhaft wieder nach oben treiben soll, nach elf Monaten Rückgang in Folge (etwas, was es in 40 Jahren nicht gegeben hat)?
Wer soll die teuren Dienstleistungen bezahlen, deren Preise zuletzt wieder stark angestiegen sind? Allerdings im August, in der Urlaubsphase, in der die Unternehmen die Gelegenheit nutzten, die starke Nachfrage nach zwei Jahren der Entbehrung zu befriedigen.
Klar gibt es die strukturellen Probleme, wie den Fachkräftemangel, die Demografie und andere, die aber kurzfristig bei einem Nachfragerückgang nicht gleich zum Tragen kommen.
Hier die Grafik mit dem Rückgang des Verbraucherpreisindex CPI, von 8,6 auf 3,0 Prozent und jetzt die Gegenbewegung nach den letzten beiden Monaten mit regelrechten Einbrüchen – minus 0,8 und minus 1,2 Prozent auf Monatsbasis. Rückgänge der Inflation verlaufen nie linear in einem Stück, was hätte denn passieren müssen, dass die Raten einen 12./13. oder gar 14. Monat in Folge gen Süden zeigen? Doch wohl nur beim Auftreten einer handfesten Rezession.
Der nächste CPI-Bericht kommt am 13. September, geht die Price über 3,6 Prozent?
Die schwierige Lage der EZB
Derzeit rätseln die Marktteilnehmer: Gibt es am 14. September eine Anhebung der Zinsen durch die EZB? Wenn die Lage für die US-Notenbank schon schwierig ist, so erscheint sie für die Europäische Zentralbank geradezu unlösbar. Denn in der inhomogenen Eurozone liegen die Inflationsraten hoch, beziehungsweise beginnen bereits wieder zu klettern, gleichzeitig stürzen die Wirtschaftsindikatoren regelrecht ab.
Hier einige aktuelle Einkaufsmanagerindizes aus Europa:
PMI gesamt: Deutschland 44,6 Punkte, Frankreich 46,0 Punkte, Europa 46,7 Punkte.
Der Einkaufsmanagerindexfür das Baugewerbe in Europa 42,4 Punkte. (Alles im kontraktivem Bereich).
Und da sprach der niederländische Notenbankchef Klaas Knot davon, wir bekämen gar keine richtige Rezession.
Weitere Zinsanhebungen werden in punkto Inflation nichts mehr bringen, so die felsenfeste Annahme des Finanzmathematikers Dr. Andreas Beck. Denn:
Das europäische Drawback ist ein Energieproblem, insbesondere für Deutschland. Erhöhungen der Zinsen werden keinen Einfluss auf die OPEC und speziell auf den saudischen Kronprinzen haben, wenn er seinen Staatshaushalt mit höheren Ölpreisen aufpäppeln will.
Aber die weitere Verteuerung des Zentralbankgeldes könnte in der Eurozone eine saftige Rezession auslösen und damit auch die hoch verschuldeten Staaten wieder in Finanzierungsprobleme bringen, Stichwort nächste Runde QE.
Hier Grafiken der EZB, die aufzeigen wie das Kreditwachstum in der Eurozone schon im Fallen begriffen ist:
Oder das schon angesprochene schrumpfende Wachstum der Geldmenge:
Hinzu kommt: Solange die Politik noch so viele Programme auflegt – Zuschüsse, Sozialhaushalt, Bürgergeld – wird es schwer sein die Inflation herunter zu bekommen. Weil eben der größte Teil der Inflation Personalkosten sind für den Dienstleistungsbereich. Der Staat hat es vielmehr in der Hand.
Was soll die EZB hier noch machen, außer großen Schaden anzurichten?
S&P 500: Kommt noch eine Zinsanhebung der Fed im September?
Eine Frage, die nicht nur Anleger im S&P 500 bewegen dürfte. Die Antwort ist für mich relativ klar, weil sie ansonsten einen Bruch in der Kommunikation der Fed bedeuten würde. Seit vielen Jahren gab es nicht eine Zinsänderung, die von der US-Notenbank entgegen der Markterwartung getätigt wurde (Fed Watch Device). Jerome Powell hat mehrfach bekräftigt, dass er keine Zinspolitik betreiben wolle, die die Märkte überrascht und dass er in seinen Maßnahmen sehr clear sein will. Vielleicht daher auch die Funktion des „Mouth Piece“ beim Wall Road Journal, Nick Timiraos.
Ganz im Gegensatz zu seinem Vor-Vorgänger, Alan Greenspan, der es verbal darauf angelegt hat, die Märkte im Unklaren zu belassen. Im Sinne von: Wenn Sie glauben mich verstanden zu haben, habe ich mich wohl falsch ausgedrückt….!
Ergo: Powell wird die Märkte nicht überrumpeln.
Fazit
Bisher laufen die Aktienbörsen quick schon saisonaltypisch mit Abgaben im August, als auch im September. Was in diesem Zyklus absolut untypisch erscheint, wäre eine Zunahme des US-Wirtschaftswachstums über den Herbst/Winter hinweg, nach Steigerungen der Zinsen von über 500 Basispunkten. Ist diesmal wirklich „alles anders“ oder haben wir nur eine besondere Scenario mit einem ausgeprägtem Zeitverzug, welcher durch Regierung und Notenbank und ihrer historisch einmaligen Gelddruckerei verursacht wurde? Aus meiner Sicht müsste es mittelfristig mit der Wirtschaft wieder bis an das Trendwachstum oder wahrscheinlich daruntergehen, denn dieser historisch hohe Schuldenstand wird die Wirtschaftssubjekte strangulieren, nach und nach verursacht durch eine immer stärkere Zinslast.
Und was die Geldpolitik der Notenbanken betrifft, so ist man nach meinem Dafürhalten in diesem Zyklus durch, weitere Zinsmaßnahmen sind zwar möglich, bringen aber keine großen Effekte mehr.
Weitere Zinsanhebungen bewirken höchstens, dass man den US-Bankensektor bei Geldmarktzinsen von quick sechs Prozent endgültig in eine Krise treibt. Die Geldmenge schrumpft wie seit Jahrzehnten nicht mehr und dem Konsumenten geht das Geld aus.
Die Standardformulierung für 2023: Die höheren Zinsen werden sich nach und nach ins System hineinfressen.
Nächste Woche ist wieder einmal ein Spannungsbogen angesagt, speziell durch die US-Verbraucherpreisdaten und dem großen Verfallstag am kommenden Freitag.
Aber hat man jetzt nicht schon tage/wochenlang Angst und Furcht in den Wirtschaftsmedien verbreitet vor einem Emporschnellen der Inflationsrate, einem Szenario, welches Anleger normalerweise zur Vorsicht und zur Absicherung veranlasst – und zumeist gilt: Desto größer die Angst, umso geringer die Auswirkungen an den Börsen am Tag X, es schockt zumeist das Unerwartete und wohin sollen die Preise im August gestiegen sein?
Kurzfristig navigieren die Marktteilnehmer im Nebel, nicht nur die Fed, auch Huge Cash, wie es Jerome Powell so schön formuliert hat. Allerdings wäre eine Ausweitung der Korrektur beim S&P 500 bis in den Bereich von 4200 Punkten das Marktübliche, wir hatten 2023 noch keine Korrektur von zehn Prozent.
Mittelfristig steht eine ganz andere Frage im Raum. Sollte die US-Zinspolitik tatsächlich im Wahljahr eine verspätete Rezession auslösen und den US-Haushalt mit zweistellig prozentualen Zinsaufwendungen belasten, wäre dies eine Steilvorlage für den politische Konkurrenten im Wahlkampf 2024.
Und sollte Joe Biden die Wahl verlieren und ein Donald Trump an die Macht kommen, würde er sich an Vielen rächen, die ihn nicht unterstützt haben. Auch aus den Kreisen der Finanzpolitik. Das Regierungsthema der nahen Zukunft dürfte daher die Vermeidung einer Rezession und eine kreative Buchführung bei der Bekanntgabe von Wirtschaftsdaten sein, natürlich in erlaubter Weise, den Spielraum ausnutzend – Stichworte, Revisionen, saisonale Anpassungen, Demise-Beginning-Mannequin.