Tausende Pädagogen haben in den kommenden zwei Wochen ihren ersten Schultag. Sie beginnen einen anspruchsvollen Beruf, der schwer allen Anforderungen gerecht werden kann. Was die jungen Lehrer antreibt.
Wer als Pädagoge offen ist für einen ironischen Blick auf den eigenen Berufsstand, der kann sich auf TikTok und Instagram einloggen – und eine Woche dort verbringen. In den satirischen Clips wird kein Klischee ausgelassen. Da halten Lehrerinnen absurd große Schlüsselbänder in der Hand, da kommen schlecht gelaunte Mathe-Lehrer mit Radhelm in die Klasse. In anderen Movies verkleiden sich Schüler wie ihre Lehrer, und die Lehrer küren ihre besten Darsteller. Eine andere Pädagogin ist sichtlich gerührt: „Niemand spricht von dem Herzschmerz, den Lehrer haben“, sagt sie, „wenn Schüler die Schule wechseln.“ Und natürlich werden die Schüler aufs Korn genommen. Larissa und Dragan, Ali und Tobias, und warum sie nie das tun, was sie tun sollen. Vielen Clips ist gemein: Sie sind liebevoll. Und sie reflektieren den Umstand, dass die Schule Dreh- und Angelpunkt dieser jungen Leben ist.
Marlies Petritsch hat sich auch durch TikTok geklickt. „Es sind viele Tipps für die erste Schulwoche dabei“, erzählt die 28-Jährige, „die sind wirklich sehr intestine.“ Sie kam auf einige Kennenlernspiele und Ratschläge von anderen Lehrern, die eigene Kanäle auf sozialen Medien betreiben. Viel konkrete Planung für das kommende Jahr hat Petritsch noch nicht, neben den Starttipps hat sie sich Materials von anderen Lehrern besorgt und absolviert gerade die Induktionsphase – additionally das Mentoringprogramm für Berufseinsteiger. Der Relaxation ist gespanntes Warten.
Petritsch ist eine von Tausenden Pädagogen, die in der kommenden Woche ihren ersten Schultag haben werden. Die Englischlehrerin freut sich auf ihre Klassen, auf den sozialen Austausch, darauf, den Unterricht „positiv zu gestalten“. Mit ihr werden sich die Schüler an einer AHS in Wien Floridsdorf durch eine neue Sprache navigieren und, so hofft Petritsch, ihren Horizont erweitern. Ihre Motivation ist hoch – und steht quick im Gegensatz zu der intensiven Debatte, die rund um ihren Beruf geführt wird.
Von Lehrermangel bis Überlastung sind die Schlagwörter meist negativ. Petritsch beginnt ihre Arbeit in einer Zeit, in der die Anforderungen an die Pädagogen stetig steigen. Von unbesetzten Stellen ist die Rede, von Pensionisten, die zurück in die Schule geholt werden. Einer parlamentarischen Anfrage der Neos zufolge haben Österreichs Pädagogen in allen Schulstufen im Jahr 2021 insgesamt 5,3 Millionen Überstunden abgeleistet. Allerorts wird um Quereinsteiger geworben. Was macht all das mit diesem anspruchsvollen Beruf?
Das pädagogische Werkzeug für Quereinsteiger
Die Frage geht an Markus Kindl. Wenn er an seine Lehrerfreunde denkt, dann macht er zwei gleich große Gruppen aus. Eine Gruppe erklärt ihn für verrückt, die andere findet, er stoße zum „allerbesten Beruf“ dazu. „Ich denke mir“, sagt Kindl mit Blick auf den Lehrermangel, „die Scenario wird nicht besser, wenn es niemand machen will.“ Der 42-Jährige warfare bisher als leitender Produktmanager tätig, und nun, „in der Hälfte des Arbeitslebens angekommen“, disponiert er um und wird ab diesem Herbst an einer Mittelschule in Jenbach Physik unterrichten.
Das Quereinsteigerprogramm des Bildungsministeriums hat Kindl im richtigen Second erwischt; er freue sich auf das Unbekannte, die Herausforderung, auf das Kennenlernen der Charaktere seiner Schüler und neuen Kollegen. Mit den anderen Physiklehrern steht ein Treffen an, auf ihre Erfahrungen und ihr Suggestions müsse sich Kindl zunächst einmal verlassen. „Das ist das Mutige an einem Quereinstieg“, sagt er, „ich kann das alles nicht wissen.“ Sein Studium wurde dem Wirtschaftsingenieur anerkannt, in den nächsten zwei Jahren erhält er berufsbegleitend das pädagogische Werkzeug dazu. An Negatives wie Überlastung denkt Kindl nicht. „In meinem vorherigen Job habe ich 50 Stunden in der Woche gearbeitet“, erzählt er, „ich glaube, aus diesen Erfahrungen kann ich schöpfen.“
Dem Bildungsministerium zufolge haben sich 600 zertifizierte Quereinsteiger für das kommende Schuljahr beworben, mehr als 3000 haben eine Zertifizierung beantragt. Seine Lehrkräfteinitiative („Klasse Job“) bewertet das Ministerium als wirkungsvoll. Denn bekanntlich hat die Lehrergewerkschaft über den Sommer mehrfach davor gewarnt, dass aufgrund des akuten Personalmangels nicht alle Stunden gehalten werden könnten. Das Ministerium hingegen bleibt dabei: Jede Stunde wird gerettet. Auf die knapp 7000 ausgeschriebenen Voll- und Teilzeitstellen für das Schuljahr 2023/24 hätten sich mehr als 11.300 Personen beworben. Dennoch – und das hält das Ministerium auch fest – bleiben regionale Unterschiede.
In Tirol sind auch dank Quereinsteigern wie Kindl „alle ausgeschriebenen Stellen im Wesentlichen besetzt“, wie es aus der Bildungsdirektion heißt. Im Pflichtschulbereich gebe es jedoch Engpässe, und dort werden auch „Mehrdienstleistungen“ erwartet. Beunruhigender ist der Ausblick in die nahe Zukunft in der Steiermark: Bis 2028 werden über 2000 Pädagogen in die Pension verabschiedet. In Vorarlberg und Wien hingegen sind besonders viele Pflichtschulpädagogen mit Sondervertrag beschäftigt, meist sind es Studierende. Dass diese während des Bachelorstudiums in den Dienst eintreten, sei in Vorarlberg schon quick der Regelfall, heißt es aus der Bildungsdirektion.
Mathe muss kein Schreckengespenst sein
Für Nicole Zech warfare das der richtige Einstieg. Ein Bekannter aus einem Bregenzer Gymnasium habe sie direkt angesprochen, ob sie nebenher unterrichten wolle. „Für mich warfare diese Choice gar nicht so offen“, erzählt sie, additionally wurde es eine spontane Bauchentscheidung. Zwei Klassen übernahm die Mathematikstudentin im vergangenen Jahr, heuer führt sie ebendiese Klassen weiter. Leicht sei der Einstieg nicht gewesen. Vormittags unterrichten und an zwei Tagen die Woche nach Innsbruck fahren für die Seminare an der Universität. „Ich habe gewusst“, sagt Zech, „ich muss im Zug etwas machen, sonst geht sich der Tag nicht aus.“ Es warfare der viel zitierte Sprung in das kalte Wasser, doch sei sie froh, nun auf diese Erfahrung zurückblicken zu können.
Und es ist eine laufende Erfahrung. Für die Schularbeiten habe sie die Unterlagen ihrer Kollegen durchforsten müssen. Demnächst stehen Wiederholungsprüfungen für einige Schüler an, „das ist alles neu für mich“. Woran sie trotzdem festhält: Dass Mathematik kein Schreckgespenst ist. Dass sie mit Rätseln, mit Übungen zum logischen Denken die Begeisterung für dieses Fach entfachen will. So, wie sie es von ihrem Mathe-Lehrer gelernt hat.
In Vorarlberg sind aktuell an den Pflicht- und höheren Schulen 16 Stellen offen. Das Land hat eine große Imagekampagne gestartet, lockt Pädagogen mit Prämien und Zuschüssen an, sucht aktiv im benachbarten Süddeutschland oder in Osteuropa nach (deutschsprachigen) Lehrern, führt Programme mit Maturanten durch, um sie für den Lehrberuf zu begeistern. Mehr als 300 Lehrpersonen wurden für dieses Schuljahr neu eingestellt. Ein Erfolg. Doch das großflächige Bewerben von Studierenden sehen Bildungsforscher wie Manfred Prenzel von der Uni Wien generell kritisch. Vor allem, wenn sie sehr früh – schon nach ein oder zwei Semestern – Klassen übernehmen, ohne ausreichend pädagogisch ausgebildet zu sein.
In seinen Seminaren würden Studenten sitzen, die „schon am Rande ihrer Möglichkeiten sind“, erzählt Prenzel. „Und wir haben Studierende, die fachfremd unterrichten.“ Prenzel führte jüngst eine Studie über die Induktionsphase durch, die seine Erfahrungen aus der Lehre bestätigten. Und da ergebe sich ein großes Downside, dass nämlich junge Pädagogen schon an das Aufgeben denken würden, bevor ihr Berufsleben richtig gestartet sei. „Natürlich kann man verstehen, dass Schulen alles tun, um Lücken zu füllen“, sagt Prenzel, „aber das geht auf Kosten von Qualität.“ Zumindest eine strukturierte, geregelte Anwerbung von Studierenden und Absolventen, auch in Zusammenarbeit mit den Hochschulen, würde da schon weiterhelfen.
Keine zwei Köpfe
Unterrichten neben dem Studium kam für Marlies Petritsch von Anfang an nicht infrage. Denn da warfare immer das Beispiel ihrer Schwester. Auch sie hatte Englisch auf Lehramt studiert, teilte sich zwischen Schule und Uni auf – und schloss dadurch ihr Studium nicht ab. „Ich wollte nie diese zwei Köpfe haben müssen“, sagt Petritsch. Stattdessen habe sie sich andere Nebenjobs gesucht. Und so ähnlich klingt es auch bei Verena Schmied. Sie wolle sich voll und ganz auf das Unterrichten einlassen, so wie sie sich voll und ganz auf das Studium konzentriert habe.
In wenigen Tagen wird Schmied, gerade eben mit dem Grasp fertig, in einem Gymnasium in Wien Hernals stehen und ihre ersten Kennenlernspiele auf Englisch und Spanisch durchführen. „Ich freue mich schon sehr“, sagt sie, „ich bin aufgeregt.“ Zumindest den ersten Monat habe sie „überblicksmäßig“ organisiert, Materials vorbereitet. Die meisten Schüler in ihren Klassen kennen einander selbst noch nicht, erzählt Schmied, und sie kommen wohl mit verschiedenen Sprachlevels. Da müsse sie sich erst einmal herantasten.
Schmied verbindet in ihrem neuen Job zwei Leidenschaften. Ihre Liebe zu den beiden Sprachen, ihr Wunsch, Wissen zu vermitteln. Die Schulpraktika waren die letzte Bestätigung dafür: „Ja, das liegt mir.“ Fachlich fühle sich Schmied intestine vorbereitet. Aber da ist ja auch noch der noch unbekannte Schulalltag. Und selbst die Induktionsphase kann die Jungpädagogen nicht auf alle Eventualitäten vorbereiten. Themen wie Schulrecht oder Leistungsbeurteilung würden im Studium allenfalls angeschnitten, erzählt Schmied. Und Elternarbeit habe sie nur in einem Seminar durchgenommen. Überhaupt: die Eltern. Die seien oft schwieriger als die Kinder, sagten dem Tiroler Quereinsteiger Kindl seine Pädagogenfreunde. Und Nicole Zech ergänzt: „Natürlich kann man mit Rollenspielen viel durchgehen. Aber wenn die Eltern vor dir sitzen und es darum geht, ob das Variety aufsteigen kann oder nicht – darauf kann man sich nicht wirklich vorbereiten.“
Das Umfeld bleibt immer jung
Studien zeigen, dass ein Großteil der Pädagogen den Beruf schätzt. Mehr als 90 Prozent sehen die Arbeit als erfüllend und wichtig an, wie Bildungswissenschaftler Prenzel betont. Für einen Lehrer bleibt das Umfeld immer jung, das kann herausfordernd in beide Richtungen sein. „Es ist schön zu sehen, wie Kinder Wissen aufsaugen“, sagt etwa Johanna Kofler. Ein Gefühl, das sie durch den Beruf tragen wird, davon ist sie überzeugt. Die 26-Jährige hat soeben ihren Bachelor an der Pädagogischen Hochschule Wien abgeschlossen und wird nun beginnen, an einer Volksschule zu unterrichten. Ihre Schwerpunkte sind Inklusion und Sonderpädagogik. Vorbereitet fühle sie sich aber nur bedingt. „Wir sollen Schüler so viel Wissen wie möglich, aber in möglichst kurzer Zeit vermitteln“, sagt Kofler. Aber auch sie setzt auf die Erfahrungen, die noch auf sie warten. Und in ihren Beruf nehme sie die positiven Erfahrungen ihrer eigenen Lehrer mit.
In einem TikTok-Video mit der Aufschrift „Coole Lehrer“ groovt ein Pädagoge mit seinen Schülern in der Klasse. Ein Schüler kommentiert den Clip mit dem Satz: „Herr Fischer No. 1.“ Es muss nicht immer Klamauk sein. Aber eben auch nicht immer ernst.